"Beim nächsten Ton ist es ..."
Diese Telefonansage kennen die einen oder anderen vielleicht noch aus Zeiten, als Funkuhren oder Smartphones mit synchronisierter Zeitanzeige noch nicht verbreitet waren. Und trotz heutiger Entwicklungen gibt es diese Zeitansagen noch immer, auch wenn die ersten solcher Ansagedienste natürlich längst abgeschaltet wurden. Schade eigentlich, denn hin und wieder ist eine Zeitansage tatsächlich sehr nützlich.
Wer die Dame vom Band vermisst oder tatsächlich noch einen Nutzen für einen Zeitansage-Dienst hat, findet auf Github Abhilfe: Talking Clock ist ein in HTML und Javascript programmierter Nachbau einer Zeitansage. Einmal auf einem Webserver hochgeladen, liest eine englische Stimme die Zeit im 10-Sekunden-Takt vor. Die Ansage wird dabei aus Audio-Samples zusammengebaut, die sich theoretisch auch austauschen lassen. Um eine möglichst genaue Zeit auszugeben, synchronisiert sich das Tool über ein PHP-Script mit der Zeit des Servers, auf welchem es installiert wurde. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass sich die Uhr des Servers via NTP mit einem Zeitserver abgleicht.
Was für den einen eine unnütze Spielerei sein mag, kann mir persönlich beim Webradiobetrieb helfen. Bei Live-Sendungen muss ich darauf achten, den Stream zu einer bestimmten Zeit in meinem Studio zu übernehmen. Da ich als blinder Nutzer dabei häufig auf eine Sprachausgabe angewiesen bin, ist es manchmal etwas mühsam, die Zeit im Auge bzw. im Ohr zu behalten. Meistens lasse ich einen zweiten Rechner mitlaufen, dessen Sprachausgabe die Uhr fokussiert hat und mir dann den Wechsel der Minute ansagt. Eine 10-Sekunden-Ansage ist da natürlich noch viel bequemer.
Es gibt immer mehr Webseiten, die sich ohne eingeschaltetes Javascript kaum oder gar nicht mehr bedienen lassen, obwohl viele der betreffenden Funktionen sich auch ohne Javascript realisieren ließen. Was sich zunächst auf nebensächliche Dinge wie Counter, Statistiktracker oder Banner-Rotatoren beschränkte, weitete sich bald schon auf die eigentlichen Inhalte aus. Bestes Beispiel hierfür sind die immer häufiger anzutreffenden extern gehosteten Kommentarsysteme in Blogs (Disqus etc), die sich ohne Javascript nicht nutzen lassen. Was für die meisten Nutzer kein größeres Problem ist, lässt sicherheitsbewusstere (paranoidere?) Menschen mit dem Kopf schütteln. Und nein, blinde und sehbehinderte Nutzer sind nicht einmal diejenigen, die eine solche Verunstaltung des Webs am meisten trifft, sofern sie nicht auf veraltete Zugangssoftware angewiesen sind oder einen textbasierten Browser nutzen. Auch Suchmaschinen, also eine der grundlegendsten Bausteine des Internets überhaupt, dürften bei der Katalogisierung mancher Webanwendung so ihre Probleme haben.
Nun reiht sich auch die Übersetzungsplattform Transifex in die Ansammlung jener Dienste ein, die Webseitenbetreibern die Arbeit aus der Hand nehmen wollen. Mit Transifex Live, das in einer ersten, nur durch Einladungen nutzbaren Betaversion verfügbar ist, wird das Versprechen gegeben, dass Webseitenbetreiber künftig nur noch eine einzige Zeile Javascript-Code in ihre Webseite einbetten müssten, um internationalen Besuchern die Inhalte in ihrer Sprache zu präsentieren. Für den Betreiber ist somit kein eigenes Coding mehr notwendig und er kann sämtliche Übersetzungen seiner Seite auf Transifex verwalten. Besucht nun ein französischer oder russischer Anwender eine Webseite, werden automatisch die für ihn relevanten Übersetzungen von Transifex abgerufen und angezeigt, sofern verfügbar.
Einerseits eine schöne Idee, die aber auch ihre Tücken haben dürfte. Hat ein Besucher kein Javascript zur Verfügung oder lehnt dies grundsätzlich ab, wird eine mit Transifex verwaltete Webseite vermutlich nur in ihrer Originalsprache dargestellt werden können. Für englische Seiten mag dies noch vertretbar sein, aber welcher Durchschnittsnutzer in Europa spricht z. B. schon Chinesisch? Von den datenschutzrechtlichen Fragen, die sich beim Abrufen der Inhalte ergeben könnten, sei hier mal gar keine Rede.
Die Zugänglichkeit von Webseiten ist also längst nicht nur ein Problem von Blinden und Sehbehinderten, wie die meisten vielleicht denken mögen, auch Sprachbarrieren gilt es zu überwinden. Ob der neue Transifex-Dienst dieser Zugänglichkeit eher entgegenwirken könnte, wird sich zeigen müssen. Noch habe ich keine Webseite gesehen, welche diesen Dienst schon im Einsatz hat. Gesunde Skepsis sei jedem Interessenten aber anzuraten, trotz aller versprochenen Bequemlichkeit.
Nein, Geistergeschichten sind natürlich woanders besser aufgehoben, auch wenn in 2 Wochen Halloween gefeiert wird. Außer den Namen und einem unerklärlichen Hype in der Bloggergemeinde hat die neue Blogging-Software Ghost nämlich nichts Gespenstisches an sich. Das über die Crowdfounding-Plattform Kickstarter finanzierte Projekt setzt es sich zum Ziel, den Fokus beim Veröffentlichen von Inhalten mehr auf eben diese Inhalte zu legen und nicht darauf, möglichst komplexe Webseiten zu erstellen.
Ich war mal neugierig und habe mir die derzeit nicht eben als alltäglich zu bezeichnende Installation angetan, jedenfalls wenn man bisher nur mit PHP-basierten Anwendungen zu tun hatte. Ghost hingegen basiert auf Node.js, einer Javascript-Plattform, die für die gängigsten Betriebssysteme heruntergeladen und installiert werden kann. Der Windows-Installer fügt Node.js sowie die Paketverwaltung NPM bequemerweise gleich den Umgebungsvariablen hinzu, sodass der Aufruf von jedem beliebigen Ort der Festplatte erfolgen kann. Abschließend wird im Startmenü der Punkt "Node.js command prompt" ausgewählt.
Your environment has been set up for using Node.js 0.10.20 (x64) and npm.
Hat man diese erste Hürde genommen, ist die Installation von Ghost eigentlich gar nicht mehr so schwer. Nachdem das Zip-Archiv heruntergeladen und entpackt wurde, muss zunächst per Kommandozeile in das Verzeichnis gewechselt werden, in welchem Ghost entpackt wurde. Nun beginnt die eigentliche Installation:
npm install --production
Es werden nun automatisch alle benötigten Zusatzpakete heruntergeladen, was je nach System und Internetverbindung einen Moment dauern kann. Wurde alles ohne Fehlermeldung abgeschlossen, wird Ghost mit folgendem Befehl gestartet:
npm start
> ghost@0.3.2 start C:\Users\Steffen\Downloads\ghost
> node index
Ghost is running...
Listening on 127.0.0.1:2368
Url configured as: http://my-ghost-blog.com
Ctrl+C to shut down
Ghost sollte jetzt unter der Adresse http://localhost:2368 im Browser erreichbar sein. Unter der Adresse http://localhost:2368/ghost/ kann man sich als erster Nutzer registrieren, der dann auch als Administrator des Blogs eingerichtet wird. Mit dem ersten Starten von Ghost wird auch die Datei config.js im Ghost-Hauptverzeichnis angelegt, in welcher diverse Einstellungen wie beispielsweise die Blog-URL und die E-Mail-Konfiguration vorgenommen werden können.
Unter Linux scheint die Installation noch etwas schwieriger zu sein, ein Test auf meinem Raspberry Pi endete mit einer seitenlangen NPM-Debug-Datei und obskuren Fehlermeldungen, deren Ursache ich bisher noch nicht nachgehen konnte.
Aber was taugt nun diese neue Blogsoftware, die auf Kickstarter binnen 48 Stunden mehr als 100000 Dollar zugesagt bekam?
Der Funktionsumfang ist verglichen mit ausgewachsenen Blogsystemen noch stark eingeschränkt, was allerdings auch die Absicht der Entwickler sein dürfte. Neue Blogbeiträge mittels Textile-Auszeichnungssprache verfassen und bearbeiten, dazu eine kleine Einstellungsseite, viel mehr kann Ghost noch nicht. Auch ist die Software derzeit nur in englischer Sprache erhältlich, was sich laut Feature-Liste aber ändern soll. Welche sonstigen Funktionen in Zukunft umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Revolutionär ist neben der gepriesenen Einfachheit des Systems wohl derzeit nur die Installation, die für die meisten Benutzer alles andere als alltäglich ist. Vor allem auf einfachen Webspace-Paketen, die keinen Shellzugriff anbieten, dürfte sich Ghost vorerst noch nicht betreiben lassen. Jedoch planen die Entwickler für die nahe Zukunft eine Hosting-Plattform ähnlich wie Wordpress.com, auf der man sich für ein Ghost-Blog registrieren kann, wenn man die Software selbst nicht hosten möchte. Alles in allem aber ein Projekt, das man im Auge behalten sollte.
Die Zugänglichkeit von Ghost für Screen-Reader-Nutzer ist auf den ersten Blick übrigens relativ gut, an manchen Stellen fehlen lediglich korrekte Beschriftungen für Formularfelder.
Ich liebe diese Momente, wenn man eine Arbeit erledigt hat und sich hinterher herausstellt, dass es für manche Dinge doch die ein oder andere Arbeitserleichterung gibt. Komprimierte bzw. optimierte Javascript-Dateien zu bearbeiten, um eine Kleinigkeit zu ändern, ist nämlich nicht gerade angenehm. Aber es gibt ja für fast alles irgendwelche Helferlein:
Javascript Beautifier macht solche Dateien wieder angenehm lesbar, indem es Zeilenumbrüche, Absätze und Einrückungen wiederherstellt. Das Tool gibt es auch als Quellcode bei Github, um es auf seinem eigenen System zu hosten.
Nun ja, hinterher ist man immer schlauer. :)