Roland UA-1010 Octa Capture: Ein Audio-Interface auch für Radiomacher

Geschrieben von Steffen Schultz keine Kommentare
Kategorisiert in : Hardware Schlüsselwörter : A11Y, Audio, Podcast, Sound, Streaming, USB, Webradio, Windows

In meinem Produktionsrechner für Radiosendungen und Podcasts kam bisher als Soundkarte eine M-Audio Delta Audiophile 2496 zum Einsatz. Diese wird zwar schon seit mindestens einem halben Jahrzehnt nicht mehr mit Treiber-Updates versorgt, erwies sich aber selbst unter Windows 10 noch immer als sehr robust. Dank fortschreitender Updates des Betriebssystems änderte sich das jedoch erheblich, sodass ich auf die Suche nach Ersatz gehen musste. Da ich bei dieser Gelegenheit auch meine sekundären USB-Soundkarten für die Wiedergabe von Jingles oder Telefonie-Anwendungen loswerden wollte, habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und mich für ein ausgewachsenes Audio-Interface als besseren Nachfolger für meinen Flickenteppich entschieden. Die Suche war nicht sehr einfach, doch dann wurde mir das Roland UA-1010 Octa Capture empfohlen. Hier mein erster Eindruck, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Zehnmal rein, zehnmal raus

Auch das UA-1010 ist zugegebenermaßen schon etwas betagter, wird aber immer noch vom Hersteller mit aktuellen Treibern versorgt. Unter Windows 10 werden die notwendigen Treiber bei bestehender Internetverbindung sogar völlig automatisch nach Verbinden des Gerätes mit dem USB-Anschluss installiert. Natürlich ist es nicht nur unter Windows einsetzbar, auch MacOS-Nutzer können das Interface installieren. Zur Linux-Unterstützung kann ich momentan wenig sagen. Eine schnelle Recherche ergab jedoch eine zumindest eingeschränkte Unterstützung.

Das Interface besitzt 10 Ein- und 10 Ausgänge, bietet also für umfangreichere Audio-Setups genug Spielraum. Die Kanäle 9 und 10 sind dabei jeweils als Koaxial-Anschlüsse für digitale Übertragungen ausgelegt. Kombinierte XLR- und Klinken-Eingänge, deren Impedanz bei Bedarf auf Instrumentenpegel umgeschaltet werden kann, Midi-Ein- und -Ausgänge sowie studiotaugliche Samplingraten von bis zu 192 kHz machen das UA-1010 auch für anspruchsvolle Goldohren und Musiker interessant. Die Bedienelemente an der Vorderseite des Gerätes erlauben eine umfangreiche Konfiguration der angeschlossenen Quellen auch ohne Software. Zwar wirken die Gummitaster ein wenig wabbelig, erfüllen aber weitgehend ohne komplizierte Menüs ihren Zweck. So lässt sich beispielsweise die Vorverstärkung jedes einzelnen Eingangskanals durch Verwendung zweier Kanalschalter schnell anwählen. Etwas unschön erscheint mir der fehlende Hardware-Schalter zum Trennen des Gerätes vom Stromnetz. Das Octa Capture lässt sich nur durch einen Software-Schalter stilllegen, der sich an der Vorderseite über dem Kopfhöreranschluss befindet. Gefallen hat mir hingegen das zweigeteilte Gerätenetzteil, das dank normalem Eurostecker keinen unnötigen Platz im Stromverteiler wegnimmt. Auch allgemein ist der Platzbedarf für das Interface nicht hoch. Es findet problemlos auf dem Schreibtisch Platz, sollte man keine Möglichkeit haben, es mit den beigelegten Schienen in einem Rack zu montieren.

Treiber mit vollwertiger Kanalunterstützung in allen Anwendungen

Es ist selten genug, dass sich Hersteller um Anwendungsfälle kümmern, die außerhalb der Musikproduktion liegen. So ist bei vielen Audio-Interfaces die fehlende oder nur eingeschränkt vorhandene Unterstützung nativer Sound-Schnittstellen des Betriebssystems ein Problem. Dies wirkt sich darin aus, dass man die einzelnen Ein- und Ausgangskanäle lediglich in Anwendungen mit proprietärer ASIO-Unterstützung ansteuern kann, wozu sogenannte Digital-Audio-Workstations wie etwa Reaper zählen. Andere Anwendungen, die zwar ebenfalls individuelle Soundkarten auswählen können, dabei aber nur die von Windows bereitgestellten Soundsysteme wie etwa WASAPI oder Directsound unterstützen, können solche Interfaces meist nur sehr eingeschränkt über zwei der vorhandenen Kanäle ansteuern. Fatalerweise werden viele Geräte trotzdem mit angeblicher WDM-Unterstützung angepriesen, was das Finden des für meine Zwecke richtigen Interfaces sehr schwer machte. Das UA-1010 ist hier vorbildlich und erlaubt es, jede beliebige Windows-Anwendung auf die gewünschten Ausgangskanäle zu routen. In der von mir eingesetzten Sendeabwicklung RadioBoss kann ich also problemlos die Ausgabe der Musik, Jingles und des Vorhör-Players auf individuelle Kanäle meines Mischpultes legen.

In der zum Treiber gehörenden Kontroll-Software lässt sich das Octa Capture individuell konfigurieren. Auch hier vorbildlich: Die wichtigsten Einstellungen für den Treiber und die Patch-Bay zum Routen der Ausgangskanäle sind sehr gut mit einem Screenreader zugänglich, was bei solchen Interfaces ebenfalls nicht die Regel ist. Lediglich das Hauptfenster, in welchem diverse Parameter der Eingangskanäle festgelegt werden können, lässt es an Zugänglichkeit vermissen. Mit etwas Einweisung durch sehende Hilfe lassen sich einige Einstellungen allerdings auch direkt am Gerät vornehmen. Für meine Zwecke war zunächst nur das Anpassen der Eingangsvorverstärkung relevant, um die relativ leisen Eingangspegel etwas anzuheben. Sie lässt sich am Gerät durch die links oberhalb des Displays befindlichen Kanaltaster sowie das darunterliegende Einstellrad festlegen. Die dB-Werte können zur Kontrolle pro Kanal bei geöffneter Treibersoftware im Hauptfenster ausgelesen werden. Eine Anhebung des Pegels um +10 dB erwies sich für meine Zwecke als notwendig, um die vom Mischpult ins Interface zurückgegebenen Signale laut genug aufzuzeichnen. Um dadurch entstehende Übersteuerungen der Ausggangskanäle zu vermeiden, sollten diese über die normale Windows-Lautstärkeregelung um etwa denselben Wert zurückgefahren werden.

Fazit

Ob sich das Roland UA-1010 Octa Capture im Praxistest bewährt, wird sich in den kommenden Tagen zeigen, wenn die nächsten Podcasts und Radiosendungen in die Produktion gehen. Erste Tests machen mich jedoch zuversichtlich. Die Signaldynamik sowie die im Vergleich zu normalen Soundkarten ungewohnten Pegel müssen noch ein wenig gemeistert werden, doch schon jetzt kann ich dieses Interface jedem empfehlen, der unter Windows eine größtmögliche Kompatibilität mit allen Audio-Anwendungen erreichen möchte. Es bleibt nur zu hoffen, dass Microsoft bei zukünftigen Feature-Updates des Betriebssystems es mit der Kompatibilität ebenso gut meint.

Über den Autor

Steffen Schultz, ein lichtloser Gelegenheitsblogger aus dem Norden Brandenburgs. Ich bin auf den Betriebssystemen Windows, Linux und Android unterwegs und berichte u. a. über meine Erfahrungen beim Nutzen von Anwendungen mit Zugangstechnologien für Blinde.

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