Das Fediverse: Noch etwas steinig, aber lohnenswert
So interessant und vielfältig die Landschaft der dezentralen sozialen Netze auch ist, so schwer kann unter Umständen ein Wechsel von Mainstream-Netzwerken ins sogenannte Fediverse sein. Es sind aber nicht nur die Freunde und Follower, die in alternativen Netzwerken schwer wiederzufinden sind. Allein das Posten von Inhalten erfordert hier und da etwas Handarbeit, wie sich am Beispiel der eigenen Blogposts zeigt.
Noch nicht wie Twitter
Vor einiger Zeit habe ich mir bereits Mastodon angeschaut, ein mit GNU Social kompatibles, dezentrales Social Network, das für Projekte dieser Art ein verhältnismäßig großes Echo in den Medien bekam. Das Interface war sehr übersichtlich und gefiel mir, doch ich fand es befremdlich, ständig einen Browser geöffnet zu haben und nutze schon immer einen Drittanbieter-Client für meine Aktivitäten auf Twitter. Die für GNU Social verfügbaren Clients waren für mich als Screenreader-Nutzer unzugänglich oder nur auf mobilen Plattformen verfügbar. Auch stellte sich mir die Frage, wie ich meine Blogartikel dort posten sollte, ohne jedes Mal selbst die Links von Hand einzufügen. Zugegeben, bei meiner Artikelfrequenz wäre das zwar keine große Arbeit, es störte mich trotzdem und so ließ ich meinen Account vorerst ungenutzt.
Da letztens auf Twitter mal wieder eine dieser Tritt-Twitter-in-den-Hintern-Aufrufe durch meine Timeline geisterte, erinnerte ich mich an meinen Mastodon-Account und wollte wissen, ob sich die Nutzung denn mittlerweile lohnt. Die Verfügbarkeit (für mich) nutzbarer Clients hatte sich nicht nennenswert geändert, doch immerhin schien die Nutzerzahl allein auf dem Mastodon-Vorzeigeserver recht hoch zu sein. Auch fanden sich einige meiner Twitter-Kontakte, denen ich über verschiedene Server hinweg problemlos folgen konnte. Also packte ich das Projekt Fediverse kurz entschlossen noch einmal an und wollte wenigstens eine Möglichkeit finden, potentiellen Wechslern meine Artikel per automatischem Posting anzubieten.
Die Nerds bereiten den Weg für den Mainstream
Bald war klar, dass Dienste wie Dlvr.it eher auf die großen Netzwerke ausgerichtet sind, und man Inhalte leider noch nicht an mit GNU Social kompatible Server senden kann. Selbst bei IFTTT, einem universellen Dienst zum Verbinden von Apps und Geräten, fand sich auf Anhieb kaum etwas Brauchbares. Zumindest für WordPress gäbe es die Möglichkeit, neue Beiträge automatisch bei Mastodon posten zu lassen, was für mich aber nicht relevant ist. Also blieb doch wieder nur der Ausflug in die Bastelstube übrig. Eigene Serverkapazität scheint hierfür aber vorerst noch unumgänglich zu sein.
Feed2toot entpuppte sich als eine gute Wahl, da es direkt für Mastodon zugeschnitten ist und mittels Python-Paketmanager auch ohne viel Bastelei installiert werden kann.
# pip3 install feed2toot
Ähnlich wie auch bei Twitter, muss zunächst eine App bei Mastodon registriert werden, welche dann im Namen des Accounts Beiträge posten darf. Der Vorgang ist im Gegensatz zu Twitter aber angenehm schnell und mit einem einzigen Kommando erledigt.
$ register_feed2toot_app
Es folgt die Abfrage der Mastodon-Daten (URL, E-Mail und Passwort), wobei das Passwort nicht gespeichert wird. Danach werden im aktuellen Arbeitsverzeichnis zwei Textdateien (feed2toot_clientcred.txt und feed2toot_usercred.txt) abgelegt, welche die notwendigen Schlüssel für den Account-Zugriff enthalten. Abschließend wird noch eine Konfigurationsdatei angelegt, welche die Details zum abzufragenden Feed und andere Einstellungen enthält. Die nachfolgenden Pfade zu den Dateien seien natürlich nur exemplarisch genannt.
# nano /etc/feed2toot/feed2toot.ini
[mastodon] ; Die URL der Mastodon-Instanz instance_url=https://mastodon.social ; Die Pfade zu den Textdateien, welche die Zugangs-Keys enthalten. user_credentials=/etc/feed2toot/credentials/feed2toot_usercred.txt client_credentials=/etc/feed2toot/credentials/feed2toot_clientcred.txt [cache] ; Die Cache-Datei beinhaltet alle bereits geposteten URLs. cachefile=/var/lib/feed2toot/feed2toot.db cache_limit=10000 [rss] ; Falls nur ein einziger Feed abgefragt werden soll. uri=https://www.journalduhacker.net/rss ; Sollen mehrere Feeds auf einmal abgefragt werden, wird eine Textdatei mit je einem Feed pro Zeile erstellt und nachfolgend angegeben. ; uri_list=/etc/feed2toot/rsslist.txt ; Das Format der Posts, es entspricht den im Feed enthaltenen Variablennamen. toot={title} {link}
Diese Grundkonfiguration sollte ausreichen, damit Feed2toot seine Arbeit verrichten kann. Alle verfügbaren Optionen hält die Dokumentation des Projekts bereit. Das Posten von "Toots" funktioniert dann mit folgendem Befehl:
$ feed2toot -c /etc/feed2toot/feed2toot.ini
Eine Ausführung per Cronjob ist zur kompletten Automatisierung des Vorgangs natürlich ratsam.
Tröten oder nicht Tröten...
... das ist hier die Frage. Mastodon ist nun eingerichtet und man bleibt, was meine Artikel und Podcasts angeht, ebenso auf dem Laufenden wie bei Twitter. Für den persönlichen Kontakt habe ich mit Tusky für Android eine sehr übersichtliche App gefunden, deren Oberfläche in etwa der von Mastodon im Browser entspricht. Da aber immer noch ein großer Teil meiner Kontakte ausschließlich bei Twitter aktiv ist, werde ich Mastodon vorerst noch nicht als meinen Hauptverbreitungsweg für Social-Media-Posts in Betracht ziehen können. Für den nächsten Wechsel-Aufruf bin ich jedoch gewappnet und kann meinen Followern einen großen Teil der Inhalte vorzeigen, die sie auch auf Twitter bekommen.