Moderne Unterhaltungselektronik besteht nicht selten aus Komponenten, deren Bedienung fast schon an die eines Computers erinnert. Ließen sich die verschiedenen Gerätefunktionen früher über ein jeweils dafür zugewiesenes Bedienelement steuern, gibt es in vielen Geräten heute nur noch wenige Tasten zum Blättern in Bildschirmmenüs oder Tätigen von Eingaben, sofern dabei nicht sogar ganz auf Tasteneingabe verzichtet wird. Was für die allgemeine Bedienerfreundlichkeit sicherlich ein Fortschritt sein mag, stellt blinde oder visuell beeinträchtigte Nutzer vor ein großes Problem. Fernseher, Digital-Receiver, Stereoanlagen und selbst gewöhnliche Radios - sie alle sind mittlerweile nur noch mit starken Einschränkungen für diesen Nutzerkreis zu gebrauchen. Erst langsam beginnen einige wenige Hersteller, blinde Nutzer als relevante Käuferschaft wahrzunehmen und integrieren Zugänglichkeits-Optionen in ihre Produkte, meist sind diese Optionen jedoch nur in den hochpreisigeren Modellen verfügbar. Wieder andere Firmen haben sich auf blinde Nutzer spezialisiert und bieten ihre Geräte mit vorkonfigurierter Sprachausgabe und spezieller Ausstattung an, was man jedoch nur als Insellösung betrachten kann. Wirkliche Zugänglichkeit, also Geräte, die von allen Menschen möglichst in selber Weise benutzt werden können, sind leider noch rar gesäht.
Als ein geradezu universelles Hilfsmittel gilt schon seit langem das auch sonst kaum noch wegzudenkende Smartphone. War es zunächst die Produktpalette von Apple, welche, obwohl die Geräte nicht gerade ein Schnäppchen sind, mehr und mehr in den Alltag blinder Nutzer einzog, können sich mittlerweile auch Android-Geräte als günstige Alternative behaupten. Bekanntlich ist das Telefonieren auf solchen Geräten ja nur noch zweitrangig. Dank Apps aller Kategorien des Lebens können Smartphones zwar immer noch keinen Kaffee kochen, aber immerhin bei der Steuerung von Haushaltsgeräten helfen. Und auch in der Bedienung von Unterhaltungselektronik können sie eine Hilfe sein, wie am Beispiel der Undok-App deutlich wird.
Mit Undok lässt sich eine ganze Reihe von netzwerkfähigen Audiokomponenten fernsteuern, dazu zählen WLAN-Radios und Multiroom-Lautsprechersysteme. Je nach Fähigkeiten des zu steuernden Gerätes sind die verschiedenen Betriebsmodi in der App verfügbar, also Internetradio, UPNP, Spotify, UKW- und DAB-Radio usw. Der Fernzugriff bleibt dabei nicht auf die Geräte eines Herstellers beschränkt, was Undok zu einer sehr universell einsetzbaren App macht. Welche Geräte damit kompatibel sind, muss natürlich vor dem Kauf recherchiert werden.
Ich habe die App unter Android 6.01 mit einem Dual IR6S Digitalradio getestet. Zwar ist die erste Einrichtung des Gerätes weiterhin nur mit sehender Hilfe zu bewerkstelligen, doch einmal eingerichtet, lässt es sich danach sofort mittels Undok über das heimische WLAN steuern. Internet-Radiosender durchsuchen, zwischen Betriebsarten umschalten, Lautstärke und Equalizer regeln, Stations-Presets aufrufen - alles funktioniert problemlos mittels Talkback-Unterstützung. Lediglich einige Buttons sind nicht korrekt gelabelt, können jedoch über das lokale Talkback-Kontextmenü nachträglich benannt werden, sofern die Beschriftung bekannt ist. Vollumfänglich lassen sich die Gerätefunktionen allerdings nicht steuern. Das Geräte-Menü zur Netzwerkkonfiguration etwa ist im Falle des Dual IR6S weiterhin einer direkten Eingabe am Gerät vorbehalten. Auch die Stations-Presets müssen blind am Gerät gespeichert werden, was aber ausnahmsweise problemlos ohne großes Wandern durch das Gerätemenü funktioniert. Doch möchte man lediglich die Ausgabefunktionen des Gerätes nutzen, ist Undok hier eine enorme Hilfe.
Wer mit einem Raspbian-Image einen Raspberry Pi frisch einrichtet, muss in Zukunft einen weiteren Schritt beachten, sofern der Pi headless betrieben werden soll, also ohne Monitor, Tastatur und Maus. In den aktuellen Raspbian-Images vom 25. November ist der SSH-Zugang nämlich standardmäßig abgeschaltet - aus Sicherheitsgründen. Er lässt sich jedoch bereits vor dem ersten Booten wieder aktivieren. Hierzu muss in der FAT-formatierten Boot-Partition der SD-Karte eine Datei unter dem Namen "ssh" abgelegt werden, der Inhalt ist hierbei egal. Erkennt Raspbian diese Datei beim Hochfahren, wird der SSH-Zugang wieder aktiviert. Des Weiteren erhält man nach dem Login nun die Aufforderung, das Standard-Passwort des Pi-Nutzers zu ändern.
Bestehende Images, welche über die Paketverwaltung aktualisiert werden, sind von dieser Änderung natürlich nicht betroffen, hier wird die bestehende Konfiguration nicht angetastet. Meiner Meinung nach ist dies eine unnötige, aber bei der momentan vorherrschenden Panik vor unsicheren IOT-Geräten nicht wirklich überraschende Vorsichtsmaßnahme. Trotzdem trifft es hier die völlig falsche Nutzergemeinschaft. Wer ein Linux-System einzurichten weiß, sollte doch eigentlich auch mindestens das Ändern etwaiger Standardpasswörter auf seiner Roadmap haben? Aber vermutlich glaube ich da nur zu sehr an den Verstand, den in Wirklichkeit - Smart-Wahnsinn sei Dank - viele nicht (mehr) haben oder ihn nicht einsetzen. Ach was red' ich...
Da ich in meinem Blog auch ein Augenmerk auf die Zugänglichkeit der vorgestellten Software und Webdienste lege, habe ich es auf KuUBuS Connectd eingetragen. Hierbei handelt es sich um ein Verzeichnis mit blinden- und sehbehindertenspezifischen Angeboten, welches nicht nur Webseiten, sondern beispielsweise auch Whatsapp- und Facebook-Gruppen verlinkt. Mein Blog wurde inzwischen freigeschaltet und ist jetzt ein Teil der umfangreichen Linksammlung - vielen Dank dafür! KuUBuS bietet übrigens auch eine Datenbank mit barrierefreien Apps an.
Diese Anleitung zeigt, wie man einen Raspberry Pi zu einem sprechenden Desktop-System auf Basis von Raspbian Jessie und Mate aufrüstet. Der Mate-Desktop ist ein Fork des ehemaligen GNOME 2, und bietet in Sachen Geschwindigkeit und Zugänglichkeit derzeit den besten Kompromiss auf einem Raspberry Pi. Die folgenden Schritte orientieren sich stark an der englischen Anleitung auf Raspberryvi.org, sollen jedoch etwas kompakter verfasst sein, um unnötige Verwirrung zu minimieren. Grundkenntnisse im Bedienen eines Linux-Systems setze ich hier einfach mal voraus. :)
Vorbereitung
Damit der Raspberry Pi reibungslos per Sprachausgabe genutzt werden kann, wird eine USB-Soundkarte benötigt. Dies hat den Hintergrund, dass der Alsa-Treiber für den Soundchip des Pi nicht korrekt arbeitet, und in Zusammenarbeit mit der Sprachausgabe nur stotterndes Audio produziert oder sogar das System zum Absturz bringt. Als Soundkarte tut es in der Regel schon ein preisgünstiger USB-Dongle.
Des Weiteren wird die aktuellste Raspbian-Version benötigt, welche als Image in zwei Ausführungen von der offiziellen Download-Seite heruntergeladen werden kann. Am sinnvollsten ist die Nutzung des Lite-Images, da dieses ohne unnötigen Ballast auskommt, und dem Nutzer von Anfang an sämtliche Freiheiten beim Einrichten lässt. Via SSH-Zugriff kann Raspbian nach Belieben eingerichtet werden (Passwörter, Lokalisierung etc).
USB-Soundkarte einrichten
In der Regel sollten USB-Soundkarten bereits vom System erkannt werden, sobald sie eingesteckt wurden. Damit die USB-Soundkarte als Standardwiedergabe genutzt wird, editiert man die Datei /lib/modprobe.d/aliases.conf und sucht folgende Zeile: options snd-usb-audio index=-2
Indem man dieser Zeile ein Kommentarzeichen "#" voranstellt, wird die USB-Soundkarte als "Device 0" eingerichtet, somit also als Standardsoundkarte.
Optional: Um die Ausgabe über HDMI und Audio-Ausgang des Pi komplett zu deaktivieren, kann in der Datei /boot/config.txt folgende Zeile auskommentiert werden: dtparam=audio=on
Den Mate-Desktop installieren
Bevor die Desktop-Umgebung installiert wird, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass der Raspberry Pi niemals einen vollwertigen Desktop-Rechner oder ein Notebook ersetzen kann. Selbst die Leistung des Raspi 3 gerät bei aufwändigen Anwendungen schnell mal an ihre Grenzen, frühere Pi-Versionen habe ich mit diesem Setup bislang nicht getestet. Man sollte also statt des kompletten Desktops lieber zunächst einen minimalen Desktop installieren, und hinterher entscheiden, welche Zusatzsoftware man tatsächlich benötigt. Folgende Pakete installieren die grundlegenden Mate-Komponenten sowie den Orca-Screenreader: sudo apt update && sudo apt install mate-core mate-desktop-environment lightdm gnome-orca
Dieser Vorgang kann einige Stunden in Anspruch nehmen, je nach Geschwindigkeit der SDHC-Karte.
Accessibility-Switches
Die folgenden Befehle sorgen dafür, dass nach erfolgreicher Mate-Installation der Raspberry Pi beim nächsten Hochfahren sofort mit uns spricht: dbus-launch gsettings set org.mate.interface accessibility true dbus-launch gsettings set org.gnome.desktop.a11y.applications screen-reader-enabled true
Diese Befehle werden ohne sudo ausgeführt, um die Einstellungen für den angemeldeten Benutzer zu aktivieren. Um zu prüfen, ob alles geklappt hat, führt man Folgendes aus: gsettings get org.mate.interface accessibility gsettings get org.gnome.desktop.a11y.applications screen-reader-enabled
Beide Befehle sollten "true" als Rückmeldung ausgeben.
LightDM konfigurieren
LightDM ist der Display-Manager und ermöglicht die grafische Anmeldung am Desktop. Die Zugänglichkeitsoptionen müssen hier jedoch von Hand in die Konfigurationsdatei eingetragen werden. Hierzu editiert man die Datei /etc/lightdm/lightdm.conf und ändert die Zeile: #greeter-wrapper=
Orca für die Anmeldung aktivieren: greeter-wrapper=/usr/bin/orca-dm-wrapper
Weiterhin empfielt der Originaltext, den Benutzer "lightdm" der Audio-Gruppe hinzuzufügen, was nach meinen Erfahrungen jedoch unnötig ist. Wer es dennoch tun möchte: sudo usermod -a -G audio lightdm
Vor dem Neustart
Wurden alle Änderungen gespeichert, ist der sprechende Raspberry Pi fertig eingerichtet. Im englischen Artikel wird noch der Speakup-Screenreader installiert, um auch auf der Shell außerhalb des Desktops mit Sprachunterstützung arbeiten zu können. Hierfür müsste allerdings Mate so konfiguriert werden, dass statt Pulseaudio auf Alsa zurückgegriffen wird, da Pulseaudio Speakup sonst blockiert, sobald man sich am Desktop angemeldet hat. Daher gehe ich auf diesen Abschnitt hier nicht ein. Das Mate-Terminal ist problemlos mittels Orca nutzbar. Für den direkten Shell-Zugriff kann entweder die übliche SSH-Verbindung oder BRLTTY genutzt werden, sofern man Besitzer einer Braillezeile ist.
Soll der Pi sofort in den Desktop booten, muss im Tool Raspi-Config noch in den Boot-Optionen die entsprechende Auswahl getroffen werden. Hier lässt sich auch einstellen, dass der Benutzer Pi via Auto-Login angemeldet wird, der Desktop ist dann sofort verfügbar. Nun noch den Raspberry Pi mittels sudo reboot neustarten, und sofern alles korrekt konfiguriert wurde, darf man sich über ein sprechendes Desktop-System freuen.
Die Auswahl an Anwendungen ist bei diesem Setup natürlich gering. Es ist weder Webbrowser noch E-Mail-Client installiert, was aber dank umfangreicher Paketverwaltung kein großes Problem darstellt. Firefox/Iceweasel ist nutzbar, wenn auch natürlich nicht für umfangreiche Webseiten oder tausende von Tabs gedacht. Als E-Mail-Client kann ich Sylpheed empfehlen, eine schlanke Alternative zu Thunderbird bzw. Icedove. Ob Libreoffice reibungslos läuft, habe ich bislang nicht getestet. Für einfache Textdateien ist aber der Pluma-Editor allemal gut genug. Wofür man den Desktop nutzt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Alle Anwendungen lassen sich mit der Tastenkombination Alt-F1 im Menü erkunden.
Viel Erfolg!
Der Zufall wollte es, dass ich mal wieder meinen RSS-Reader wechsle. Mit FreshRSS war ich zwar bislang recht zufrieden, doch hier und da haben mich mit der Zeit einige Dinge etwas gestört. Hauptpunkt dürfte wohl die Zugänglichkeit via Bildschirmleser gewesen sein, die an einigen Stellen nur sehr rudimentär möglich war, da die meisten der mit Grafiken versehenen Bedienelemente kaum oder gar nicht mit sinnvollen Alternativtexten beschriftet waren. Des Weiteren hatte der Reader mit diversen RSS-Feeds Probleme, und rief sie trotz Gültigkeit und Erreichbarkeit nur noch sporadisch fehlerfrei ab.
Der Nachfolger in meinen Self-Hosted-Apps nennt sich Miniflux. Das ist mal eine Webanwendung, die so ganz nach meinem persönlichen Geschmack ist. Einfach zu installieren, schlank und schnell, ohne überflüssige Features, und dennoch mit einigen Funktionen ausgestattet, die man bei anderen Readern vermissen dürfte. Dazu noch für Nutzer von Bildschirmlesern sehr gut zugänglich, was will man mehr?
Herausragend ist die Möglichkeit, Artikel-Texte direkt im Reader zu lesen, auch wenn der Feed keinen Volltext anbietet. Hierzu bringt die dem Reader zugrunde liegende und vom selben Autor entwickelte PicoFeed-Bibliothek einen Content-Grabber mit, der anhand bestimmter Regelsätze die Artikelseiten filtert, und lediglich den Text des Artikels ausgibt. Hierzu muss jedoch für jede Seite eine eigene Regel erstellt werden. Heise und Spiegel Online sowie Golem sind neben einigen weiteren deutschsprachigen Seiten bereits vorhanden, mit etwas HTML- und PHP-Kenntnis lassen sich aber neue Regeldateien relativ einfach erstellen.
Auch in Sachen Geschwindigkeit macht Miniflux einiges besser. Während es bei FreshRSS schon mal Minuten dauern konnte, bis alle Feeds abgerufen waren (ja, das geht natürlich auch automatisiert, habe ich jedoch aus bestimmten Gründen nicht eingerichtet), erledigt Miniflux dies in nicht mal einer halben Minute. Grund dafür ist, dass mehrere Feeds gleichzeitig abgerufen werden, und nicht einer nach dem anderen. Tritt irgendwo ein Fehler auf, wird dies sofort beim entsprechenden Feed angezeigt, und man kann über den Debugmodus weitere Nachforschungen im Protokoll anstellen. Leider ist die PicoFeed-Bibliothek etwas pingelig bei nicht validen Feeds, sodass ich einige wenige Feeds damit nicht mehr lesen kann.
Die Bildschirmleser-Zugänglichkeit der Anwendung ist auf Desktop- und Mobilgeräten durchweg positiv. Alle Bedienelemente sind sinnvoll beschriftet, und mittels Überschriftennavigation lassen sich die einzelnen Artikel bequem durchblättern. Die abgerufenen Artikel werden in einer Art Stream angezeigt, sodass man nicht erst umständlich jeden Feed einzeln anklicken muss. Wer dennoch nur einzelne Abos oder Kategorien sehen möchte, findet auch diese Möglichkeit sehr schnell. Am Ende der Seite erlaubt ein Link, sämtliche Artikel als gelesen zu markieren.
Miniflux ist eine PHP-Anwendung und verwendet eine Sqlite-Datenbank als Backend, dementsprechend einfach ist daher auch die Installation. Des Weiteren kann ein Cronjob zum automatisierten Abrufen der Feeds im System oder, falls nicht verfügbar, über einen Webcron-Dienst angelegt werden. Auch für den Fernzugriff ist alles vorhanden. Neben einer eigenen API gibt es eine Fever-Unterstützung, was die Steuerung über geeignete Mobil- und Desktop-Apps erlaubt. Für Android ist eine App nahmens MiniFlux Embedded verfügbar, wobei es sich aber lediglich um einen One-Purpose-Browser handelt, also um eine App, welche die Miniflux-Seite darstellt, sonst aber keine Zusatzfunktionen wie etwa Benachrichtigungen mitbringt. Eine Plugin-Unterstützung gibt es bei Miniflux nicht, dafür lässt sich der Reader mit Themes den eigenen Farbwünschen anpassen.
Kurzum: Miniflux ist vielleicht kein Reader, um hunderte von Feeds sinvoll mit allen Rafinessen zu verwalten, doch für den einfachen Bedarf ist diese Anwendung sehr zu empfehlen.