Orca im MATE-Desktop nutzen

Geschrieben von Steffen Schultz 2 Kommentare
Kategorisiert in : Software Schlüsselwörter : A11Y, Linux, MATE, OpenSource, Orca

Auch wenn die MATE-Desktopumgebung eine Abspaltung des GNOME-2-Desktops ist, funktioniert der Screen-Reader Orca nicht so, wie man es von GNOME her erwarten würde. Startet man Orca über den Anwendungsdialog (Alt+F2), ertönt zunächst nur die Meldung "Willkommen bei Orca", der Bildschirm lässt sich jedoch nicht auslesen. Grund hierfür ist, dass MATE (und vermutlich auch einige andere Desktop-Umgebungen) ein GTK-Modul benötigen, welches die notwendigen Schnittstellen für Orca bereitstellt.

Um es zu laden, muss im Ordner /etc/profile.d eine Datei beliebigen Namens (z. B. gtk-access.sh) mit folgendem Inhalt erstellt und mit chmod 755 für den Benutzer "root" ausführbar gemacht werden:

#!/bin/bash
export GTK_MODULES=gail:atk-bridge
Nun noch die Zugänglichkeitsoptionen für MATE über das Terminal oder die Shell setzen:
gsettings set org.mate.interface accessibility true
gsettings set org.gnome.desktop.a11y.applications screen-reader-enabled true

Bzw. als Shell-Befehl:
dbus-launch gsettings set org.mate.interface accessibility true
dbus-launch gsettings set org.gnome.desktop.a11y.applications screen-reader-enabled true

Jetzt sollte sich Orca auch in MATE starten lassen und die Arbeitsfläche vorlesen. Soll der Screen-Reader automatisch nach der Anmeldung starten, muss dies im Systemmenü unter Einstellungen -> bevorzugte Anwendungen auf der Registerkarte Barrierefreiheit aktiviert werden.
Die Navigation unter MATE ist dann größtenteils so, wie man es von GNOME her kennt, wenn auch hier und da mit einigen unschönen Bugs. So ist es z. B. nicht möglich, mehr als eine Seitenleiste auszulesen. Dieser Bug scheint dabei kein Orca-Problem zu sein, sondern ein direktes MATE-Problem. Da das obere Panel von den meisten Anwendern wahrscheinlich häufiger genutzt werden wird, standardmäßig mit STRG+Alt+Tab jedoch nicht angesprungen werden kann, muss daher zunächst das untere Panel gelöscht werden. Leider ist dies nur mit der Maus möglich (Rechtsklick auf die Leiste -> Leiste löschen), was sich mit Orcas Mausverfolgung jedoch recht problemlos bewerkstelligen lässt. Des Weiteren lassen sich Benachrichtigungs-Popups nicht auslesen und Qt-Anwendungen wie Skype sorgen für Navigationsprobleme.

Quelle: Wiki.vinuxproject.org

RSS-Bridge: Holen wir uns das Netz zurück!

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Kategorisiert in : Software Schlüsselwörter : OpenSource, PHP, RSS

Da stöbert man nichtsahnend auf Github herum und möchte eigentlich etwas ganz anderes finden, bekommt dann aber plötzlich eine absolut geniale Idee auf den Schirm.
Wen hat es nicht auch schon geärgert, dass viele soziale Netzwerke zwar APIs zum Abgreifen von Daten anbieten, die altgedienten RSS-Feeds jedoch tief im System verstecken, ganz abschalten oder gar nicht erst zur Verfügung stellen? Schon immer habe ich mir z. B. gewünscht, Soundcloud-Profile in meinem Feedreader abonnieren zu können, statt mich erst umständlich per E-Mail über neue Tracks benachrichtigen zu lassen. Auch Twitter-Zeitleisten lassen sich mittlerweile nur noch eher umständlich außerhalb von Twitter und ohne ein eigenes Konto nutzen. Aus Sicht der Plattformen ist dies natürlich verständlich, denn Werbung lässt sich immer noch am besten im eigenen System an den User bringen. Selbst die APIs werden aus nur allzu offensichtlichen Gründen teilweise immer weiter eingeschränkt. Zeit also, um sich das Web wieder ein wenig zurückzuerobern.

Das Projekt RSS-Bridge versucht genau hier anzusetzen und stellt eine RSS-Brücke für soziale Netze und andere Seiten zur Verfügung, die keine RSS-Feeds anbieten. Das Prinzip hierbei ist eigentlich simpel, wenn auch recht arbeitsintensiv, da es für fast jede Webseite individuell angepasst werden muss. Die RSS-Bridge liest eine Webseite ein, entfernt alle unnötigen Elemente wie Javascript, umgebendes HTML und Ähnliches und wandelt den fertig aufbereiteten Inhalt in einen sauberen RSS/Atom-Feed um. Die Daten können aber auch als HTML oder JSON ausgegeben werden. RSS-Bridge ist ein noch sehr junges Projekt, doch bereits jetzt enthält es eine beachtliche Anzahl von Brücken, darunter Flickr, Instagram, Google-Suchergebnisse, Hashtag-Suche und Benutzerzeitleisten von Twitter, Identi.ca/Pump.io, neueste Highlight-Artikel in der Wikipedia (Englisch, Französisch und Esperanto), Bandcamp, Soundcloud und Youtube. Neue Brücken werden ständig entwickelt, wobei der Fokus aufgrund der beteiligten Community momentan noch auf französischsprachigen Webseiten liegen dürfte.

Die Nutzung des auf PHP basierenden Scripts ist denkbar einfach: Hochladen, aufrufen und den gewünschten Dienst mit Daten füttern. Möchte man z. B. die Zeitleiste eines Twitter-Nutzers sehen, muss einfach nur im entsprechenden Abschnitt der Twitter-Benutzername eingetragen werden. Mit Klick auf Atom, HTML oder JSON erhält man dann die mundgerechte Ausgabe der Daten.
Alle Dienste werden in der Textdatei Whitelist.txt verwaltet. Werden Dienste nicht benötigt oder möchte man neue Brücken hinzufügen, müssen in dieser Datei einfach nur die entsprechenden Zeilen hinzugefügt oder gelöscht werden. Die Namen der Brücken entsprechen dabei den Dateinamen aus dem Unterordner Bridges ohne die Endung .php.

Autor des Projekts ist übrigens Sébastien Sauvage, der mit seinem minimalistischen Link-Teiler Shaarli und dem bereits hier vorgestellten ZeroBin dem ein oder anderen vielleicht nicht ganz unbekannt ist.

FreshRSS: Ein weiterer Aggregator für die eigene Datenwolke

Geschrieben von Steffen Schultz keine Kommentare
Kategorisiert in : Software Schlüsselwörter : OpenSource, PHP, RSS

Eigentlich bin ich kein Freund von Browser-Anwendungen und nutze für die meisten Aufgaben im Internet nach Möglichkeit immer noch echte Desktop-Clients. Irgendwann war ich es aber leid, zwischen meinen Rechnern die RSS-Feeds nicht komfortabel synchronisieren zu können. Also musste ein neuer Feed-Aggregator her, der zentral auf einem Webserver die Arbeit erledigt. Da ich aber nicht gleich das erstbeste und mittlerweile quasi Standard-Script Tiny Tiny RSS nehmen wollte, das mir zudem auch nicht wirklich zusagt, habe ich mal ein wenig tiefer gewühlt und stieß prompt auf eine sehr vielversprechende Lösung:
FreshRSS, a free, self-hostable aggregator

Eine wie ich finde gelungene Alternative zu Tiny Tiny RSS und co. Es handelt sich hierbei zwar weitgehend um ein Ein-Mann-Projekt, das vor allem im Bereich Dokumentation und Lokalisierung (derzeit sind nur die Sprachen Englisch und Französisch verfügbar) noch so einige Baustellen aufweist, doch der Programmcode ist bereits jetzt sehr gut nutzbar und wird ständig aktualisiert.
FreshRSS ist in PHP programmiert und nutzt zur Speicherung der Artikel entweder MySQL oder Sqlite als Datenbank. Es ist mehrbenutzerfähig und bietet neben einem klassischen Login auch die Anmeldung über Mozilla Persona an. Das Interface ist weitgehend selbsterklärend und erlaubt die sehr bequeme Verwaltung von Feeds und Einstellungen. Fast alles ist von überall in der Oberfläche erreichbar, verschachtelte Untermenüs gibt es nicht. FreshRSS hat für jeden Lesegeschmack genügend Optionen und Anpassungsmöglichkeiten, ohne dabei unübersichtlich zu wirken.
Die Aktualisierung der Feeds erfolgt entweder manuell bzw. halbautomatisch über die Oberfläche oder kann auch automatisch mittels Cronjob angestoßen werden. Hier sollte man aber beachten, dass der Aufruf des Update-Scripts standardmäßig nur über die Kommandozeile möglich ist. Wer hingegen das Update-Script nur über eine URL aufrufen kann, muss Lesezugriff auf den Unterordner "app" erlauben und die darin befindliche Datei .htaccess löschen bzw. eine entsprechende Anpassung vornehmen, damit nur das Update-Script von außen erreichbar ist.

Natürlich darf auch diesmal ein Wort zur Zugänglichkeit mit Screen-Readern nicht fehlen. FreshRSS ist weitgehend für unseren Benutzerkreis zu gebrauchen, hat aber auch auf diesem Gebiet noch einige Baustellen. So gibt es offenbar viele Grafiken, deren Alternativtexte nur mit unleserlichen Unicode-Symbolen versehen sind. Auch die enthaltene Tastaturnavigation, welche noch mehr die Bedienung der Oberfläche im Stil einer Desktop-Anwendung erlaubt, ist für uns nicht sinnvoll nutzbar. Hier schaffen aber ohnehin die meisten Bildschirmleser mit eigenen Navigationshilfen einen anderen Weg.

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